Warum Kinderchirurgie
Die Kinderchirurgie ist in der Medizin nichts ganz Neues. Berichte über angeborene Fehlbildungen bei Kindern reichen viele Jahrhunderte zurück und auch in der Vergangenheit gab es schon Mediziner, die sich für die chirurgische Lösung solcher Probleme interessierten. Der Weg war allerdings oft beschwerlich und von Enttäuschungen und Misserfolgen begleitet.
So reichen z.B. Berichte und Untersuchungen über Zwerchfellhernien (das sind Brüche bzw. Lücken im Zwerchfell, wodurch Organe des Bauchraums im Brustkorb liegen) bis auf das Jahr 1579 zurück. Versuche, diese Zwerchfellhernien operativ zu beheben wurden schon 1888 unternommen. Erfolgreich gelang dies aber erst 1902 dem Chirurgen Heidenhain.
Oder es gibt zum Beispiel erste uns bekannte Berichte über eine Ösophagusatresie (Fehlen oder Verschluss eines Teils der Speiseröhre) aus dem Jahr 1696. Es folgten ganze 243 Jahre von Misserfolgen, bis 1939 die ersten zwei Patienten eine operative Korrektur überlebten. (1)
Im Mittelalter befand sich das Zentrum für Medizin, Chirurgie und Forschung im Orient. So wurde der erste kinderchirurgische Atlas in Istanbul von dem türkischen Arzt Serafeddin Sabuncuoglu im Jahre 1465 veröffentlicht. Beschrieben wurden darin chirurgische Krankheitsbilder von Kindern, Operationsmethoden, Anmerkungen und Ratschläge zur Therapie, die Überwachung des Heilverlaufs ebenso wie die richtige Ernährung, das Ganze illustriert mit Bildern und Miniaturen. Die dargestellten Methoden entsprachen dem damals neuesten Stand (heute "state of the art" genannt), gingen aber teilweise auf altgriechische, römische und arabische Ärzte zurück. (2)
Die großen Fortschritte in der Kinderchirurgie konnten allerdings erst verzeichnet werden, als spezielle Methoden, Narkoseverfahren und Behandlungskonzepte für Pflege und Ernährung von Kinder entwickelt wurden. Die Erkrankungen von Säuglingen, Klein- und Schulkindern haben eben ihre besonderen Eigenheiten. So unterscheiden sich viele Krankheiten von denen des Erwachsenen, weil sie nicht erworben, sondern angeboren sind und daher weitreichende Bedeutung für die körperliche Entwicklung haben. Aber auch auf Verletzungen reagiert der kindliche Körper, z.B. das wachsende Skelett, anders als bei Erwachsenen. Daher darf ein Kind nicht einfach als "kleiner Erwachsener" betrachtet werden, sondern es müssen vielmehr die Erfordernisse des Wachstums für die Körperfunktionen berücksichtigt und genutzt werden.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, hat sich vor ca. 10 Jahren die Kinderchirurgie zu einem eigenständigen Fach entwickelt. Für die Chirurgie des Kindesalters bestehen ein eigener Ausbildungsweg und eigene Operationsmethoden. Der heutige Kinderchirurg widmet sich gänzlich den Kindern und hat mit Erwachsenen nichts mehr zu tun. Deshalb erlernt er außer der Chirurgie auch Kinderheilkunde, wodurch er mit einem breiten Spektrum der kindlichen Erkrankungen vertraut ist, vergleichbar einer Entwicklung vom „Chirurgen, der auch Kinder operiert“ zum „Kinderarzt, der operieren kann“.
Durch den Einsatz diesen Fachwissens, besonders geschulten Personals und spezieller Techniken gelingt es unter Mithilfe der Eltern, die Ängste der Kinder gering zu halten und den Trennungsschmerz zu vermeiden. Unser Ziel ist nicht nur die fachgerechte, sondern auch die kindgerechte Versorgung unserer kleinen Patienten.
Literatur:
(1) Pediatric surgery, Ashcraft & Holder, 2. Auflage
(2) Journal of Pediatric Surgery 1991 Oct; 26(10); 1148-51
(1) Pediatric surgery, Ashcraft & Holder, 2. Auflage
(2) Journal of Pediatric Surgery 1991 Oct; 26(10); 1148-51